Öko-Unternehmer, Podcaster und Klimanetzwerker David Wortmann sprach mit dem Autor und SPIEGEL-Redakteur Jonas Schaible ein Gespräch über sein Buch „Demokratie im Feuer“ (zum Podcast). Hier stellt Wortmann das Buch für die Klimabuchmesse vor.

Mit welchem politischen System gelingt uns eine klimaneutrale Zukunft?

Als ich mitbekommen habe, dass der Spiegel-Journalist Jonas Schaible ein Buch über den Zusammenhang zwischen Klimakrise und Demokratie schreiben würde, war ich voller Vorfreude. Denn Jonas Schaibles Buch beantwortet eine hochrelevante Frage unserer Zeit, die im Klimadiskurs endlich eine systematische Aufarbeitung verdient: Sind autoritäre Öko-Regimes der einzige Ausweg aus dem Dilemma? Sind solche Diktaturen besser geeignet, schnelle politische Antworten auf die Klimakrise zu finden, bevor uns die Natur ihrerseits ihre Bedingungen diktiert, unter denen wir in Zukunft zu leben haben? Oder gibt es doch noch einen demokratischen Weg, um das sich dramatisch schnell schließende Handlungsfenster hin zur Klimaneutralität noch rechtzeitig nutzen zu können?

Jonas Schaible hat sich bei dieser Fragestellung in seinem Buch eindeutig positioniert: Ohne Demokratie wird es keinen erfolgversprechenden Weg in eine klimaneutrale Zukunft geben.

Können Demokratien überhaupt ambitionierten Klimaschutz?

Schaible stellt fest: Es sind nicht die Diktaturen, sondern die Demokratien der westlichen Welt (wie die USA, Japan, Kanada oder europäische Länder wie Deutschland, UK oder Frankreich), die historisch für die höchsten CO2-Emissionen verantwortlich sind. Zudem sind Demokratien dafür bekannt, dass langwierige Abstimmungsprozesse zu trägen Entscheidungen und zu Kompromissen führen, die zwar eine breite Akzeptanz herstellen, aber dann häufig sehr unambitioniert ausfallen.

Wie die Klimakrise Gesellschaften zu Fall bringt

Trotzdem wissen wir alle, dass die Zeit denkbar knapp ist, die 2015 in Paris gesteckten Klimagrenzen noch einzuhalten. Der aktuelle IPCC-Bericht sagt uns, dass es nun wirklich fast zu spät ist, um nicht schon in wenigen Jahren über die 1,5-Grad-Grenze hinauszuschießen und damit große wirtschaftliche, gesellschaftliche und auch politische Verwerfungen in Kauf zu nehmen. Jonas Schaible zeigt an einigen Beispielen aus der Menschheitsgeschichte, wie bereits ganze Zivilisationen – von den Osterinseln bis zu den Mayas – aufgrund dramatischer klimatischer Veränderungen regional zusammengebrochen sind. Dass wir – anders als früher nicht regional begrenzt, sondern inzwischen global – schon mitten in der Klimakatastrophe sind, führt Jonas Schaible den Leser:innen immer wieder plastisch vor Augen. Die Hälfte aller von uns Menschen verantworteten Treibhausgase ist erst nach dem Fall der Mauer – also seit erst 30 Jahren – emittiert worden. Auch ist das inzwischen allgegenwärtige Anthropozän nicht älter als der amtierende US-Präsident Joe Biden.

Wie Demokratien Druck, Konkurrenz und Imitation beim Klimaschutz erzeugen können

Aufgrund dieser rasanten Entwicklungen drängt sich nicht wenigen in der Klimabewegung die naheliegende Frage auf: Können dann nicht autoritäre Regimes – wie wir das in China erleben – viel schneller die notwendigen klimapolitischen Entscheidungen herbeiführen als träge Demokratien?

Jonas Schaibles Buch legt dazu eine ausführliche wie klare Antwort vor: Nur liberale Demokratien können rechtzeitig und nachhaltig die notwendige Dynamik zur Schonung zukünftiger Freiheiten in einer klimaneutralen Welt sicherstellen. Wie? Indem diese Demokratien die Vorteile klimaneutraler Gesellschaften mit besseren Lebensbedingungen regional, überregional und sogar national vorleben und damit eine positive Wettbewerbsspirale in Bewegung setzen, die zu internationalen Nachahmern führt.

Flammendes Plädoyer für demokratisches Handeln

Dazu bringt Jonas Schaible eine Reihe von Vorschlägen mit, wie unsere heutigen Demokratien zu wehrhaften Klimademokratien weiterentwickelt werden können. „Demokratie im Feuer“ ist ein flammendes Plädoyer dafür, dass es sich lohnt, auf demokratische statt auf autoritäre Entscheidungsprinzipien zur Lösung der Klimakrise zu setzen und erklärt, dass wir die Freiheit nur bewahren können, wenn wir das Klima retten – und umgekehrt.

Jonas Schaibles Buch, „Demokratie im Feuer“, ist 2023 bei DVA mit 304 Seiten erschienen. Hier findet ihr auch eine Leseprobe.

Jonas Schaible könnt ihr am Samstag, 29. April 2023, zur Klimabuchmesse live erleben. Unter dem Motto „Wie setzen die multiplen Krisen unsere Demokratie unter Druck? Und wie können wir sie retten?“ stellt Schaible sein Buch vor und diskutiert gemeinsam mit Prof. Claudia Kemfert und Julia Ebner.

Hier findet ihr auch noch eine weitere Rezension zum Buch vom Klimabuchmesse-Team.

Weitere Klimabuch-Tipps findest du in unserer Klimabuchliste.