„Der Ozean ist für mich der letzte Punk. Er macht einfach das, was er will, und ihm scheint um ihn herum alles egal zu sein. Das ist großartig.“

Habt ihr auch schon mal beim Strandurlaub die blauen und orangefarbenen Reste von Netzen aufgesammelt? Achtet ihr beim Fischkauf auch auf die diversen Logos und Siegel und habt trotzdem Schlagworte wie „Überfischung“ und „Tod durch Beifang“ im Ohr? Was ist los mit dem Ozean? Und was können wir tun, um Schlimmeres zu verhindern? Diesen Fragen und einigen Antworten widmet sich das wunderschön ausgestattete Buch „Ein Leben für den Ozean – 10 Geschichten über die Helden der Meere“ von Florian Sturm und Christian Weigand. Anette von der Klimabuchmesse (und selbst Autorin), hat es für Euch gelesen und rezensiert.

Herausragend schön gestaltet

Dieses Buch möchte man in der Hand halten und aufschlagen. Wunderschöne Fotos und stimmungsvolle Aquarelle streicheln das Auge. Die Personen, die darin abgebildet sind, haben etwas zu erzählen und die begleitenden, zum Teil doppelseitigen, Bilder machen das Leuchten in ihrem Blick nachvollziehbar.

Begeisterung schafft Tatkraft

Wenn etwas von allen Seiten dieses wunderbaren Buches springt, dann ist es Begeisterung. Jede Person, die hier portraitiert wird, ist voller Liebe für den Ozean und seine Bewohner. Diese Begeisterung wandelt die Bestürzung und Verzweiflung, die viele angesichts der Probleme verspüren, die wir Menschen dem Ökosystem Meer bereiten, in Tatkraft um.

Aus dem Wunsch zu helfen entsteht ein Buch

Und dies fasst auch schon die Entstehungsgeschichte des Buchs zusammen. Christian Weigand ist dem Meer in seiner Leidenschaft als Surfer begegnet. Sein Wunsch, diesem Lebensraum etwas zurückzugeben, mündete zunächst im Müllsammeln – einem bereits nach kurzer Zeit augenscheinlich sinnlosen Unternehmen. Neben jedem aufgeräumten Strand liegt einer voll mit angespültem Plastik und eine einzige stürmische Nacht kann aus einem Meeresparadies wieder eine Müllhalde machen. Was also tun, um nicht zu verzagen? Als Speaker für den Ozean hat Christian schließlich einen Podcast gemacht, über den er mit Florian Sturm in Kontakt gekommen ist.

Viele Blickwinkel vervollständigen das Bild

Der Journalist Sturm hat schon viele Geschichten über den Ozean zusammengetragen und so beschließen sie ein gemeinsames Projekt. Dafür haben sie Weggenossen gesucht, andere Advokaten für die Belange des Meeres. Aus deren Perspektiven heraus portraitieren sie den Ozean mit seinen Problemen und den Lösungen, die engagierte Menschen dafür finden. Immer wieder wird klar: Auch wenn manche Störungen so uferlos wirken wie das Meer selbst, wenn einmal eine:r anfängt, etwas dagegen zu tun, ist die Hoffnung nicht weit.

„Es wäre super, wenn jeder von uns den Planeten besser zurücklässt, als man ihn vorgefunden hat. Darin liegt unsere Chance. Zynisch betrachtet, war das auch noch nie so einfach wie jetzt, weil wir die Erde so massiv runtergerockt haben.“

Einzelne Helden erzählen uns vom Ozean

Immer wieder wird klar, wie wenig wir von dem faszinierenden Lebensraum Ozean wissen. Wir lesen von Pionieren des Tieftauchens, die vor Jahrzehnten vor Afrika das lebende Fossil des Quastenflossers aufgestöbert haben. Auch der Taucher und Fotografen Uli Kunz wird portraitiert, den seine Forschungsaufträge zu Walfriedhöfen vor Grönland, in mexikanische Höhlen und zum jährlichen Algenzählen vor Helgoland bringen. Der Ausnahmesportler André Wiesing strahlt mich von seiner Fotografie an, gerade frisch aus dem Meer gestiegen. Er hat die „Ocean Seven“ (die am schwierigsten zu durchschwimmenden Meerengen) alle im ersten Anlauf durchschwommen. Seine philosophische Haltung hat mich noch stärker beeindruckt als die unfassbare Leistung seines Körpers. Die fröhliche Demut, die er ausdrückt, ist einfach ansteckend.

„Ich sehe in [dem Ozean] vor allem einen riesigen, uralten Organismus, der einst den ganzen Planeten bedeckte. Und wir tragen gerade dazu bei, dass dieser Organismus die Erde wieder für sich einnimmt. Auch wenn das bedeutet, uns als Menschen einfach wegzuspülen.“

Langzeitprojekte schaffen Wissen und arbeiten an Lösungen

Neben solch beeindruckenden Einzelleistungen erfahren wir in dem Buch auch von Langzeitprojekten, an denen über Jahre viele Personen beteiligt sind, wie zum Beispiel die Meeresforschung vor Helgoland, die seit 1962 Zusammensetzung und Zustand des Wassers misst. Andere Wissenschaftler arbeiten an konkreten Themen, die uns dabei helfen, bedrohliche Probleme praktisch anzugehen. Selbst wenn Seegras notorisch wählerisch ist, bringen die unermüdlichen Versuche von Maike Paul und Philipp Schubert doch ermutigende Ergebnisse. Am Boden lauernde Geisternetze werden aufgespürt, gehoben und finden sogar in ersten Versuchen eine neue Verwendung.

Einfach anfangen

Auch wenn das Unterfangen an das Ausräumen einer Messie-Wohnung erinnert, es gibt Menschen, die einfach mit so was beginnen. Und das macht auch vor dem Süßwasser nicht Halt, wo eine Gruppe apnoetauchender (heißt: nur mit ihrer eigenen Atemluft) Studenten die Lahn vor Marburg in Gemeinschaftsaktionen vom Müll befreit. Überall, so sehen wir, engagieren sich Einzelpersonen, suchen sich Verbündete, Mitkämpfer*innen, um den negativen Entwicklungen, die sie sehen, etwas Positives entgegenzusetzen.

Oder wie Christian Weigand es ausdrückt:

„Doch sobald sich dieses Gefühl der Ohnmacht anschleicht, fokussiere ich mich auf die kleinen Schritte. Nicht das Tempo ist entscheidend, um den Marathon zu beenden. Sondern die Richtung, in die ich ununterbrochen gehe.“

Auf der Klimabuchmesse

Florian Sturm und Christian Weigand stellen ihr Buch am Freitag, den 22.3.24, von 19-21.30 Uhr, Leipziger Institut für Meteorologie im Klimabuchmesse-Panel „Die Zukunft geht uns alle an“ vor.