Anders als bisher über Klimaschutz sprechen, damit die Menschheit ins Handeln kommt, darum geht es Michael Adler in seinem 2022 bei oekom erschienen Buch „Klimaschutz ist Menschenschutz“. Die Rechtsanwältin und Redakteurin Luisa Milazzo hat das Sachbuch des Kommunikationsexperten und Gründers der nachhaltigen Kommunikationsagentur „tippingpoints“ gelesen und für die Klimabuchmesse rezensiert. Dieses Buch ist Teil des Programms der Klimabuchmesse 2024 und wird am 22.03.24 um 19 Uhr im Leipziger Institut für Meteorologie vorgestellt.

Worte sind wichtig

Vielleicht sprechen wir falsch über Klimaschutz? Worte sind wichtig. Sie können zum Handeln motivieren, aber auch auf falsche Fährten führen und Handeln ausbremsen.
„Das Klima braucht keinen Schutz“, stellt Adler fest. Und es stimmt: Wir Menschen müssen uns selbst durch Verhaltensänderungen vor den Folgen unseres eigenen Handelns schützen. Dem Klima kann es egal sein, ob und wie wir in ihm leben können.

„Framing“ verändert Entscheidungen

Das Buch schlägt in vielerlei Hinsicht eine neue Wortwahl vor, weil Worte in unseren Köpfen Bedeutungsrahmen aktivieren, auch bekannt als Frames. Sie nehmen Einfluss auf unsere Entscheidungen und damit auf unser Handeln, ohne dass wir es bemerken. Menschliche Entscheidungen beruhen weit weniger auf Rationalität, als es uns lieb ist.

Lösungen – keine Probleme

Eine der wichtigsten Thesen des Buchs ist, dass wir weniger über die Probleme und mehr über die Lösungen sprechen sollten. So werden z.B. die Grünen oft als Verbotspartei dargestellt, weil sie zu wenig darüber sprechen, was die Menschen gewinnen können und zu viel darüber, was es zu verlieren gibt, z.B. das Auto mit Verbrennungsmotor, die tägliche Fleischration oder den Urlaub mit dem Billigflieger.

Nicht leicht: Vom Negativen freikommen zum Positiven

So, wie es uns nicht gelingen kann, die Aufforderung zu erfüllen, nicht an einen rosa Elefanten zu denken, denken wir z.B. auch bei einer „autofreien“ Stadt an Autos. Wir denken daran, dass die Autos weggenommen werden, nicht so sehr an das, was wir gewinnen, wie z.B. Sicherheit, Ruhe und Raum für Begegnungen. Doch nicht einmal dem Autor selbst gelingt es, die Mobilität der Zukunft ohne Verneinungen als positive Zukunftsvision zu beschreiben: Sein „Narrativ Zukunftsmobilität“ beginnt mit dem Satz: „2030 besitzen wir keine Autos mehr“ und endet mit den Worten „ohne Flugzeug“. Eine andere Sprache zu finden, fällt offenbar selbst jenen schwer, die sehr bewusst ihre Sprache reflektieren.

Übliche Begriffe überdenken

Der Autor kritisiert viele übliche Begriffe, die in der Klimakommunikation häufig verwendet werden:

„Erneuerbare Energien“ etwa klingen nach etwas, das wir immer wieder mühsam erneuern müssen. Bessere Begriffe könnten z.B. „Freiheitsenergien“, „sich erneuernde Energien“ oder „Naturenergie“ sein.
„Klimakrise“ klingt verharmlosend nach einer kurzen Episode, die nach einer Weile von allein wieder verschwunden sein wird, obwohl es sich in Wahrheit um eine sehr viel größere Aufgabe handelt. Auf der anderen Seite macht der Begriff „Klimakatastrophe“ Angst, die lähmen kann.
„Erderwärmung“ klingt angenehm, weil in unseren Köpfen das Wort „Wärme“ positiv besetzt ist. Der Autor schlägt deswegen vor, den Begriff durch „Erderhitzung“ zu ersetzen.

Fallen vermeiden

Adler identifiziert verschiedene Kommunikationsfallen, die es in der Klimakommunikation zu vermeiden gilt. Das beginnt mit Unverständlichkeit durch Fachsprache oder nicht greifbare Abkürzungen wie „IPCC“ für den Weltklimarat oder „SDG“ für die Nachhaltigkeitsziele. Auch eine Überflutung mit Informationen kann sich negativ auswirken. Eine weitere Falle steckt darin, dass Menschen leicht dichtmachen, wenn ihnen von einer drohenden Apokalypse erzählt wird, zumal es solche Erzählungen bereits seit Jahrtausenden gibt und die Welt bisher noch nicht untergegangen ist.

Weitere Fallen werden bewusst von Übelmeinenden genutzt, denen dran gelegen ist, die menschengemachte Erderhitzung zu verharmlosen oder zu leugnen. Hier ein Beispiel:

Wenn die Wissenschaft ihre Zweifel und Unklarheiten kommuniziert, kann daraus konstruiert werden, es gebe in Wahrheit keine Fakten, sondern nur Meinungen. Aus dem der Wissenschaft immanenten Zweifel wird so eine Dekonstruktion des Konzepts der Wahrheit an sich. Aus Lügen werden „alternative Fakten“, z.B. die von der angeblichen „Klimalüge“. Das ist hochproblematisch, zumal Menschen oftmals auch offensichtlich Falsches glauben, sofern sie den Eindruck haben, die Mehrheit halte es für richtig. Adler führt eine wissenschaftliche Studie dazu an:

„20 bis 40 Prozent der Studienteilnehmer:innen schlossen sich der mehrheitlich propagierten falschen Antwort an.“

Als Lösung schlägt der Autor deshalb vor, mehr darüber zu sprechen, warum uns die Erderhitzung ganz konkret betrifft, als über die Fakten, weil es bei Politik weniger um Fakten gehe, als vielmehr um Betroffenheit.

Zwar liefert Adler mit „Klimaschutz ist Menschenschutz“ keine ausgefeilte Anleitung für bessere Klimakommunikation, aber wer Anregungen dafür sucht, die bisherige Kommunikation zu diesem Thema zu hinterfragen, wird fündig werden. Das Buch zeigt vorhandene Problemfelder auf, bietet erste Lösungsansätze für ein neues Wording und erläutert allgemeine Kommunikationsregeln, wie z. B. dass nicht alle Zielgruppen zugleich angesprochen werden können und dass bereits vor einer Kommunikationskampagne viele Menschen einbezogen werden sollten, damit sie wirken kann.

„Klimaschutz ist Menschenschutz – Warum wir über die Klimakrise anders sprechen müssen“ von Michael Adler ist 2022 beim oekom-Verlag erschienen. In der Leseprobe könnt ihr einen Blick ins Buch werfen.

Weitere Klimabuch-Tipps findest du in unserer Klimabuchliste.