Es ist zwar erst Anfang Mai, aber in Frankreich wurde bereits für ein Teil des Landes die höchste Alarmstufe für Trockenheit ausgerufen. Uwe Ritzer zeigt in seinem eindringlichen Buch „Zwischen Dürre und Flut“, dass auch in Deutschland bereits eine massive Trockenheit herrscht. Wir müssen das Problem JETZT lösen, betonte der Autor und Investigativjournalisit bei der Süddeutschen Zeitung bei der Klimabuchmesse (27. bis 29. April 2023). Dort stellte Ritzer sein Buch 29. April vor und diskutierte mit Thore D. Hansen („Taupunkt“).

Worum es geht

„Deutschland verliert so viel Wasser wie kaum ein anderes Land.“

Während wir in den öffentlichen Debatten vor allem um unsere Gas- und Stromversorgung ringen, schleicht sich immer drängender die Frage nach der zukünftigen Wasserversorgung ein. Dass Deutschland ein Wasserproblem hat und auf eine Krise zusteuert, ist unter Fachleuten jedoch längst Gewissheit, so Uwe Ritzer in seinem Buch „Zwischen Dürre und Flut“.

Er ist Wirtschaftskorrespondent, Autor und Investigativreporter. Und so begibt er sich auf die Spurensuche: Wie steht es um den Wasserhaushalt? Woher kommt unser Trinkwasser? Und wem gehört es? Gerät hier angesichts von millionenschweren Unternehmen einerseits und Grundbedürfnissen andererseits gerade etwas in Schieflage? Schon jetzt ist Wasser zum Spekulationsobjekt geworden.

Was wir sehen

Dass Spekulanten in Wasser einen Megatrend sehen, vergleichbar dem der Elektromobilität oder künstlichen Intelligenz, fußt auf Statistiken. Eine davon besagt zum Beispiel, dass der Gesamtverbrauch an Wasser bereits 2030 weltweit um 44 Prozent steigen wird. Doch Prognosen wie dieser können wir Glauben schenken oder nicht, wir können die tatsächlichen Dimensionen aber nicht selbst sehen oder erspüren.

Was wir sehen können, ist, dass nach dem Hitzesommer 2018 von 5.000 Bäumen im Würzburger Stadtgebiet nur noch Stammstummel zeugen. Vertrocknet ist auch das Gras, das die Kühe nicht mehr fressen. Flüsse wie der Main, verzeichnen einen nie dagewesenen niedrigen Wasserpegel. Die Folge: Das Wasser darin erwärmt sich noch mehr, bis auf Temperaturen, die für viele der darin lebenden Tiere und Pflanzen lebensbedrohlich werden.

Jenseits einer Schockstarre

„Wir befinden uns in einem Wettlauf um Ressourcen; wer über am meisten verfügt, hat große Macht. Und Wasser ist eine solche Ressource. Ist seine Verteilung ungerecht, hat dies soziale Verwerfungen und weitere Ungerechtigkeiten zur Folge.“

2022 fehlte in den ersten acht Monaten ein Viertel der langjährigen Regenmenge. Es war damit nach 2018, 2019 und 2020 ein weiteres „Dürrejahr“ in Folge.  Immer mehr zeichnet sich somit ab, dass wir in Deutschland an exponierter Stelle stehen, denn während wir weltweit bei einer Erderwärmung von 0,9 Grad angekommen sind, hat sich die Region Unterfranken bereits um 2 Grad aufgeheizt.

Doch es ist nicht Anliegen des Buches, anhand von Fakten zu schockieren. Uwe Ritzer legt vielmehr anhand der Fakten dar, welchem Handlungsbedarf wir uns gegenübersehen. Erkennen wir diesen Handlungsbedarf an, ist es noch möglich, die Trinkwasserversorgung in Deutschland langfristig sicherzustellen. Somit ist es ein Buch, das Mut machen soll ein Thema anzugehen, das auf uns alle zukommen wird. Es möchte Möglichkeiten aufzeigen, wie wir, neben dem Umbau der Energieversorgung, auch zu einer Wasserwende kommen.

Auf die Reise machen

Mit dem Buch begeben wir uns auf eine Reise, besuchen Mainfranken, eine der trockensten Regionen Deutschlands, den Hochtaunus, wo wiederholt Wassernotstand herrschte, das Altmühltal, Brandenburg und Lüneburg, wo allerorts Lösungen für Wasser-Konflikte mit Großkonzernen wie Aldi, Red Bull, Tesla, Rauch oder Coca-Cola gefunden werden müssen. Alle diese Beispiele – positive, wie mahnende – lassen Rückschlüsse darauf zu, was funktioniert und wie Probleme befeuert werden.

Lösungen, denn es ist noch nicht zu spät

„Der Unterschied zum Themenkomplex Energie – und damit der große Vorteil: Die Wasserwende (…), ist noch rechtzeitig machbar. Allerdings nur, wenn jetzt gehandelt wird und nicht erst, wenn Deutschland unter Wasserstress leidet.“

Im letzten Abschnitt des Buches fasst Uwe Ritzer mögliche Lösungen zusammen. Dazu gehört, dass die öffentliche Wasserversorgung gegenüber privatwirtschaftlichen Interessen Vorrang haben muss, aber auch, dass Wasserversorgung zuvorderst nicht privatisiert werden darf, wie das mahnende Beispiel von Stuttgart zeigt. Uwe Ritzer schlägt neben anderen Möglichkeiten eine Wasserschutzagenda vor, diskutiert die Möglichkeit der Meerwasserentsalzung sowie Innovationen in der Landwirtschaft.

„Zwischen Dürre und Flut“ lehrt uns, das scheinbar Selbstverständliche wieder mehr zu schätzen. Das Buch rüttelt auf und ist konstruktiv.


Uwe Ritzer, „Zwischen Dürre und Flut“, ist 2023 beim Penguin Verlag mit 304 Seiten erschienen. Hier findet ihr auch eine Leseprobe.

Weitere Klimabuch-Tipps findest du in unserer Klimabuchliste.