Mit „Portugiesische Opfer“, erschienen bei Piper, führt uns Maike Braun mitten hinein in das neue Leben von Selva Klimt. Denn zwischen Ermittlungen und Urlaubsfeeling geht es in dem Krimi um die taffe Selva nicht nur um Mord, sondern auch um Verbrechen an der Umwelt und ihre Familiengeschichte. Eine überaus lesenswerte Kombination, findet unsere Rezensentin und Lissabon-Begeisterte Helga Egetenmeier.

Portugals Umweltpolizei

Der Ausgangspunkt ihres Krimis ist für Autorin Maike Braun die „Polícia Florestal“, die in Portugal seit 2007 existierende Umweltpolizei. Deren Hotline „SOS Ambiente e Território“ ist eine gefragte Anlaufstelle für die Bürger*innen des Landes, um Umweltstraftaten zur Anzeige zu bringen. Die Europäische Union erklärte Portugal deshalb als Vorbild für den Umgang mit Umweltschutzvergehen und empfiehlt ihren anderen Mitgliedsstaaten, diese Struktur ebenfalls einzuführen.

Selva Klimt in Lissabon

Doch nun zur Hauptfigur des Krimis, zu Selva Klimt. Aufgewachsen in Hamburg als Tochter einer portugiesischen Mutter, braucht sie nach ihrer zweiten Scheidung einen Tapetenwechsel. Da sie ein Jobangebot bekam, zieht die ehemals in Brüssel bei der EU als Expertin für Klimapolitik Arbeitende, nach Lissabon. Die Autorin entwickelt um ihre Hauptfigur eine Familiendynamik, die der Kriminalgeschichte als Erzählstrang folgt. So hat Selva aus erster Ehe einen Sohn, der sich gut mit ihrer geschiedenen Frau aus ihrer zweiten Ehe versteht.

Der Hauptstrang folgt jedoch Selvas Arbeit bei der portugiesischen Umweltpolizei. Dort versteht sie sich gut mit dem verschrobenen Chef Sé António, dem obersten Umweltpolizisten Portugals. Dieser zieht sie zu einem einfach erscheinenden Umweltdelikt hinzu. Vor dem Abflug eines Privatflugzeuges wurde bei der Kofferkontrolle das frisch gehäutete Fell eines Iberischen Luchses entdeckt, eines der seltensten Tiere der Welt. Der Eigentümer, der dänische Unternehmer Stage, beteuert seine Unschuld, doch auch Selva hat Zweifel.

„Selva ging die paar Meter zum Hotel zu Fuß. Das half ihr, ihre Gedanken zu sortieren. Es wollte ihr nicht in den Kopf, warum sich Stage mit einem abgezogenen Luchsfell die Hände schmutzig machen sollte.“

Umweltverbrechen oder Komplott

Denn dieser dänische Unternehmer ist nicht irgendein wohlhabender Manager, sondern

„Seniorpartner einer der größten Fondmanagement-Gesellschaften weltweit für grüne Infrastrukturprojekte“.

Selma kann keinen Sinn darin finden, dass dieser Geschäftsmann und Familienvater hinter diesem grausamen Tiermord stecken könnte. Deshalb macht sie sich zusammen mit Sé António auf, um nach den Hintergründen dieser Tat zu suchen.

Kaum gehen sie der Frage nach, wer das Fell in den Koffer hätte schmuggeln können, finden sie einen Verdächtigen nur noch tot auf. Da sie nicht weiter kommen, kümmern sie sich dazwischen um eine sinnlos erscheinende Brandstiftung, die über die Hotline an die Umweltpolizei gemeldet wurde. Oder hängt dieses Feuer in einem öden Industriegebiet südlich von Lissabon vielleicht sogar mit ihrem Luchs-Fall zusammen?

Shitstorm und Verfolgungsjagd

Als im Internet ein Shitstorm gegen den Dänen Stage anläuft, werden darüber auch seine Projekte der Erneuerbaren Energie in Frage gestellt. Er verdächtigt die Polizei einer undichten Stelle. Selva ist ebenfalls entsetzt, findet jedoch den dafür verantwortlichen Journalisten. Trotzdem kommen sie und ihre Kolleg*innen mit ihrer Ermittlungsarbeit kaum voran. Erst als Selva über ihr EU-Netzwerk Hinweise bekommt und Kontakt zu einem britischen Journalisten aufnimmt, kann sie die weit verstreut liegenden Puzzleteile langsam zusammen setzen.

Zur Aufklärung des Falls dürfen wir mit Selva in einem E-Auto an einer Verfolgungsjagd im trocken-staubigen Grenzgebiet zwischen Portugal und Spanien teilnehmen. Wir erfahren von Strippenziehern und Rechtsextremen im Hintergrund und lernen dazu eine tapfere Schleiereule namens Maureen kennen.

„Doch Maureen hatte den Warnschrei bereits gehört. Lautlos glitt sie heran, eine gestreckte Linie von fast einem Meter Spannbreite, in deren Mitte sich ein großes helles Gesicht befand. In letzter Sekunde kippte der Vogel den Unterleib und die Krallen nach vorn.“ (320)

Portugiesische Geschichte

Maike Brauns Krimi „Portugiesische Opfer“ ist bereits der zweite in der Selma Klimt-Reihe. Wie bereits „Portugiesische Abrechnung“, besticht er durch eine tolle Frau und sich für Gerechtigkeit einsetzende Kommissarin, komplexe Beziehungsmuster und ungewöhnliche Familiengeschichten – und auch einen Blick auf das Leben in Portugal. Gefreut hat mich, dass sich die Autorin in einem Seitenstrang auch an die Geschichte der Salazar-Diktatur gewagt hat, ohne ihrem Krimi damit die Leichtigkeit zu nehmen.

Meine Empfehlung: Lesen, egal welchen Band zuerst. Ich freue mich schon auf den nächsten Kriminalfall der Selva Klimt.

Und: weitererzählen, dass wir in Deutschland auch eine Umweltpolizei brauchen.

„Portugiesische Opfer“ von Maike Braun, Piper between pages, 356 Seiten. Ein Blick auf den Kriminalroman auf der Webseite der Autorin.
Weitere Klimabuch-Tipps findest du in unserer Klimabuchliste.