Liebe Lesende, bevor wir zu der Rezension des 2024 bei S. Fischer Verlage erschienenen Romans „Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen“ von John Ironmonger kommen, ein paar Worte zu dem Autor: Er wurde 1954 in Nairobi geboren, zog mit 17 Jahren nach Cornwall, studierte Zoologie und verbrachte die meiste Zeit seines Arbeitsleben als medizinischer Informatiker. Im Alter von 58 Jahre seine „first proper novel was published,“ so der Autor in „John Ironmonger’s Random Blog.“
Diesem Buch gingen zwei ins Deutsche übersetzte Romane voraus, in denen er ebenfalls den Klimawandel zum Thema machte – mehr zu all seinen Büchern auf der Webseite des Autors.
Sein „Das Jahr des Dugong. Eine Geschichte für unsere Zeit“ (2023) widmete er „…den Tausenden Deligierten der UN-Klimakonferenz COP26 und all jenen, die sich dafür einsetzen, den Planeten vor einer Katastrophe zu bewahren. Bitte enttäuschen Sie uns nicht.“
Bereits 2020 (Original 2015) erschien „Der Wal und das Ende der Welt“, welches ebenfalls in St. Piran spielt, an dessen Strand ein junger Mann angespült wird und in dessen Setting er die Frage verhandelt, wie wir gut handeln können, wenn alles auf dem Spiel steht.

Nun aber zu der Rezension von Gisela Wehrl, die uns hier John Ironmonger’s „Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen“ vorstellt:

Der Roman nimmt in dem kleinen Fischerdorf St. Piran in Cornwall seinen Ausgang. Ein Dorf, so pittoresk und mit so charmanten Charakteren, dass es auf den ersten Blick auch einem Rosamunde Pilcher-Roman entsprungen sein könnte. John Ironmonger bleibt dort jedoch nicht stehen, er bringt uns von St. Piran zum grönländischen Eisschild und wieder zurück und schlägt dabei einen Bogen, der eine ganze Lebensspanne umfasst.

„Andere Geschichten spielen sich über Wochen hinweg ab, über Monate sogar. Und dann gibt es da noch die Geschichte von der Wette und dem Eisbären. Es gab einmal eine Zeit, da jeder Mensch auf der Welt diese Geschichte kannte. Oder einen Teil davon. Doch das hier ist St. Piran.“

Es ist jene Wette, bei der wir eigentlich alle mit-wetten. Die ganze Menschheit beteiligt sich und als Einsatz setzen wir unser eigenes Fortbestehen – auch, wenn die wenigstens dieser Wette bewusst zugestimmt haben und viele von uns mit dem Leben bezahlen werden. Der Roman trägt uns auf eine ganz persönliche Ebene und die Wette verändert das Leben der beiden Männer, die sie aussprechen, auf tragische Weise. Tom ist ein leidenschaftlicher Student, der für die Semesterferien nach St. Piran zurückkehrt, zu seiner Großmutter und den jüngeren Geschwistern. Zur Sommersonnwende sitzt er mit einem Freund im Pub. Wie wir später erfahren, ist es Toms 20. Geburtstag und dieser Tag wird zum Wendepunkt. Der Parlamentsabgeordnete Monty Causley betritt den Pub, doch er ist hier in seinem eigenen Wahlkreis ein Fremder.

»Mich interessiert bloß die eine große Lüge, die Sie den Leuten erzählen. Die größte Lüge von allen.« Das Stormy Petrel hielt den Atem an. Alle hatten das Gefühl, dass dieser kleine Kneipenstreit die nächste Stufe erreichte. »Sie sind ein Klimaleugner, Mr Causley!«

Ein Wort ergibt das andere und schon ist die Wette geschlossen: Falls das Wohnzimmer in Causley-Haus an den Klippen unter Wasser stehen wird, will Causley dort ertrinken – falls nicht, soll Tom selbst den Tod suchen. Nach der Wette verfolgen wir die Ereignisse jeweils zur Sommersonnwende. Das liest sich schnell und leicht, das Leben passiert und die beiden wandeln sich nach und nach.

Mit welchem Spin erzählt sich am besten Politik? Wie können wir die Meinung beeinflussen? Tom will die Welt zu einem besseren Ort machen. Monty will ganz nach oben und ist dafür bereit, einiges zu tun – aber, so betont der Autor ganz zu Beginn des Buches:

»Er war in Wahrheit gar kein Schurke.«

Die Stoßrichtung der Geschichte soll daher auch gar nicht überraschen, aber was genau geschieht, brachte dann doch einige überraschende erzählerische Entscheidungen.

Bis auf einige didaktische Stellen, die aber sehr gut Zusammenhänge bei der Erderhitzung erklären, liest sich das Buch leicht, fast beschwingt. Ironmonger nutzt die pittoreske Kulisse geschickt für eine warmherzige Geschichte – und das muss man mögen –, die deren Härten abfedert. Nicht nur bei dem Ereignis mit dem Eisbären geht es um Leben und Tod.

Mit seine Geschichte umspannt Ironmonger einen Zeitraum von 80 Jahren, immer zur Sonnwende kehren wir zu den beiden zurück. Da bleibt nicht aus, dass er einiges sehr stark raffen muss. Gut gelungen finde ich den Umgang mit der Zukunft, der nie aufgesetzt oder wie ScienceFiction daherkommt, sondern beim Lesen einfach als Tatsache passiert. Und in der Zukunft liegt dann auch noch die Hoffnung, die der Titel verspricht.

„Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen“, von John Ironmonger, S. Fischer Verlage, 2024, 416 Seiten

Weitere Klimabuch-Tipps findest du in unserer Klimabuchliste.