Viele empfinden den Autoverkehr in unseren Städten als lästig – doch gibt es wirklich Alternativen zum privaten Pkw? Ja, sagt Mobilitätsforscher Andreas Knie in seinem neuesten Buch „Wo kommen bloß die vielen Autos her und wie werden wir sie wieder los?“, erschienen im Alexander Verlag Berlin. Vorausgesetzt, wir verabschieden uns von der Vorstellung, dass das Auto alternativlos ist.

Auto als Symbol des Fortschritts

Die Erfolgsgeschichte des Autos in Deutschland verlief keineswegs so geradlinig, wie oft angenommen. In den 1930er Jahren machten die Nationalsozialisten das Automobil – in Anlehnung an die USA – zum „Werkzeug der Modernisierung“. Es sollte kein Luxusgut mehr sein, sondern ein Konsumprodukt für alle und Ausdruck wirtschaftlichen Aufschwungs.
Parallel dazu – so lesen wir – setzte der Niedergang der Deutschen Reichsbahn ein, der Vorgängerin der heutigen Deutschen Bahn AG – eine direkte Folge der politischen Bevorzugung des Autoverkehrs. Auch die Regierung Adenauer führte diese Linie fort, unter anderem mit dem massiven Ausbau des Autobahnnetzes. Doch erst durch gezielte Fördermaßnahmen, wie die Pendlerpauschale, und Markteinführungsprogramme in den späten 1950er Jahren, wurde das Auto in Deutschland endgültig zum scheinbar alternativlosen Verkehrsmittel. Öffentliche Verkehrsmittel hingegen, so Knie, galten von Anfang an lediglich als „Restversorgung“ – für Menschen ohne Führerschein oder mit begrenztem Einkommen.

Gefördert wie kein anderes Verkehrsmittel

Am Beispiel einer Familie schildert der Autor, wie die Deutschen in den 1990er Jahren fast vollständig vom Auto abhängig wurden – und wie mühsam, aber befreiend, der spätere Ausstieg gelang. Eine echte Verkehrswende kann, so Knie, nur gelingen, wenn attraktive Alternativen geschaffen und bestehende Lösungen genutzt werden. Dazu zählen digitale Verkehrssteuerung, aufeinander abgestimmte Mobilitätsangebote (sogenannte intramodale Lösungen) oder günstige Sharing-Dienste.

Doch bislang fehlt es an politischem Willen. Vielversprechende Innovationen wurden immer wieder verhindert – etwa das populäre 9-Euro-Ticket oder die bundesweite Mobilitäts-App Mobility Inside, die unterschiedliche Verkehrsangebote digital verknüpfte. Beide fielen der weiterhin dominierenden Autopolitik zum Opfer:

Wenn man das gesamte Programm der Nationalsozialisten durchginge, ließe sich feststellen, dass alles noch so gültig ist, wie es zwischen 1933 und 1939 beschlossen wurde: von der Straßenverkehrsordnung über den fortgesetzten Bau von Straßen bis hin zur Stellplatzverordnung sowie der Unterstützung der Autoindustrie durch Steuererleichterungen beim Kauf und Betrieb von Autos.

Auch die aktuellen politischen Entscheidungen, etwa die Abschaffung sektorenscharfer CO₂-Ziele, kritisiert der Autor als Rückschritt.

Endlich mit der Verkehrswende loslegen

Im europäischen Vergleich wirkt Deutschland zurückgeblieben: Während Städte wie Paris, Barcelona oder Kopenhagen längst Straßen in Fußgängerzonen, Rad- und Bahntrassen oder Parkanlagen umgewandelt haben, dominieren hierzulande noch immer Blechlawinen und Parkplätze.

Doch es gibt auch gute Nachrichten: Zahlreiche Kommunen in Deutschland nutzen die Chance für eine nachhaltige Mobilitäts- und Raumentwicklung. Sie wissen es bereits:

Das Auto hat die Kraft seiner unhinterfragten Selbstverständlichkeit verloren.

Mit seinem Buch ermutigt Knie Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger – in Städten wie auf dem Land – die Mobilitätswende aktiv mitzugestalten. Bestehende Lösungen sollten umgesetzt, innovative Ideen gefördert werden. Denn eins ist klar: Weniger Autos bedeuten mehr Lebensqualität – für alle, die sich einen lebenswerten Alltag wünschen.

Wo kommen bloß die vielen Autos her und wie werden wir sie wieder los?  von Andreas Knie,
Alexander Verlag Berlin, 2025, 195 Seiten.

Rezensiert von Anetta Ewa Trojecka

In der Leseprobe könnt ihr einen Blick ins Buch werfen.

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