Das Buch "Massenradikalisierung" von Julia Ebner, Suhrkamp, liegt auf anderen Büchern mit Titeln wie "Unter Nazis" und Rechts unten".

Mit Entsetzen haben wir in den letzten Jahren verfolgt, wie in den USA ein Lügner zum Präsident wurde, rechtsextreme Islamisten ganze Länder übernahmen und sich im eigenen Land eine breite Vielfalt von Menschen in Verschwörungserzählungen im Corona-Kontext soweit verloren haben, dass sie sich nicht an den Hakenkreuzfahnen gestört haben, die auf ihren Demos geschwenkt wurden. Woher kommt das? Und was kann man dagegen tun, einen viel zu großen Anteil unserer Gesellschaft an die Lügen von Rattenfängern zu verlieren? Wir können uns hier nicht wegducken, denn dieses Problem wird schon viel zu lange ignoriert.

Julia Ebner hat sich dieses Themas angenommen. Mit „Massenradikalisierung“ legt sie eine eingehende Analyse des Phänomens vor und ergänzt diese mit der Beschreibung effektiver Gegenmaßnahmen.

„Dinge falsch zu etikettieren oder in einen ganz anderen Kontext zu verschieben, sind potente Werkzeuge geworden, um Keile in Gemeinschaften zu treiben.“

Im Rahmen der Klimabuchmesse liest Julia Ebner aus ihrem Buch und wird sich mit Jonas Schaible und Claudia Kemfert über die Krise und die Hoffnungen für unsere Demokratie sprechen (Samstag, 29.4., 19 bis 20.30 Uhr,  WERK 2 – Kulturfabrik Leipzig, Halle A).

Faszinierende Analyse

Ebner, die als Expertin für Extremismus und Radikalisierung bekannt ist, hat in diesem Buch ihre Erkenntnisse und Erfahrungen aus jahrelanger Forschungsarbeit und Arbeit vor Ort mit extremistischen Gruppen zusammengefasst.

Im ersten Teil ihres Buches untersucht Ebner die verschiedenen Formen der Radikalisierung, von islamistischem Extremismus bis hin zu rechtsextremen Bewegungen wie QAnon oder rechtsoffene wie die hiesigen Impfgegner. Auch Klimawandlungsleugnung oder die Blockierungen von Klimaschutz spielen eine wichtige Rolle in diesen Kreisen. Ebner arbeitet die gemeinsamen Faktoren heraus, die zur Bildung und Verbreitung von extremistischen Gruppen führen.

Darin wird deutlich: Klimawandlungsleugner, Antifeminismus und Rassismus spielen meist auf der selben Klaviatur und bilden unheilige Allianzen.

„Toxische Narrative über Feminismus und progressive Geschlechterrollen sind aber nicht nur auf radikale Foren im Internet begrenzt. Genauso begegnet man ihnen in Klassenzimmern und Parlamenten, in Wohnzimmern und in den sozialen Medien. Sie haben einen Weg zurück gefunden in die Politik und in den Mainstreamdiskurs und drohen mit der Rücknahme all dessen, was Frauenrechtlerinnen im vergangenen Jahrhundert erreicht haben.“

Effektive Gegenmaßnahmen

Nach der ausführlichen Analyse beschreibt Ebner dann, wie diese Erkenntnisse genutzt werden können, um effektive Gegenmaßnahmen gegen Radikalisierung zu entwickeln. Sie diskutiert dabei sowohl staatliche Maßnahmen als auch die Rolle der Zivilgesellschaft und zeigt auf, wie eine erfolgreiche Prävention von Radikalisierung aussehen kann.

Realitätscheck mit einer Fülle an Beispielen

Was das Buch besonders lesenswert macht, ist die Fülle an Beispielen und Fallstudien, die Ebner aus ihrer Arbeit als Forscherin und Aktivistin sammeln konnte. Sie erzählt von ihren persönlichen und erschreckenden Erfahrungen mit extremistischen Gruppen und zeigt auf, wie wichtig es ist, ihre Ideologien zu verstehen, um erfolgreich gegen sie vorgehen zu können.

Insgesamt ist „Massenradikalisierung“ ein äußerst lesenswertes Buch für jeden, der sich für die Entstehung von extremistischen Gruppen und deren Bekämpfung interessiert. Es ist gut geschrieben, informativ und bietet sowohl eine detaillierte Analyse als auch praktische Handlungsempfehlungen. Ich kann es daher uneingeschränkt empfehlen.

Julia Ebner, „Massenradikalisierung“, ist 2023 beim Suhrkamp Verlag mit 360 Seiten erschienen. Hier findet ihr auch eine Leseprobe.

Weitere Klimabuch-Tipps findest du in unserer Klimabuchliste.