An einem letzten, windstillen Wintertag, an dem eine Fichte und eine Buche „gegen fünf Uhr nachmittags von der Dürre gefällt“ werden, fängt für Autorin Nataša Kramberger „die achte Saison meines Landwirtschaftens“ an. Es ist der 19. März 2023 und es ist der Beginn ihres Essays „Mauerpfeffer“, erschienen beim Verbrecher Verlag. Mit ihrer literarischen Auseinandersetzung zur raschen Klimaveränderung und deren Einfluss auf den Anbau von Nahrungsmitteln ist der Schriftstellerin ein kluges Buch gelungen.

Aufgewachsen auf dem Bauernhof der Großeltern, übernimmt Nataša Kramberger mit Anfang Dreißig eine kleine Landwirtschaft in Slowenien. Die heute auch in Berlin arbeitende Autorin pendelt dafür zwischen ihren zwei Welten. In ihrem Essay erzählt sie mehr von den Mühen als den Freuden einer ökologisch anbauenden Bäuerin.

„Obwohl unser Bauernhof in einem humiden Tal liegt und auf unserem Hof ein Brunnen steht, schafften wir es bei dieser langandauernden Hitze nicht mehr, genügend Wasser für alle durstigen Wurzeln zu pumpen.“

Entlang ihrer episodenhaften Erzählweise erfahren wir von ihrer Suche nach Methoden, heute gesunde Nahrung anzubauen. Damit gehört sie weltweit zu einer kleinen Minderheit. Denn nicht nur die Bauern in ihrem Tal lehnen den ökologischen Anbau überwiegend ab. Doch sie diskutiert dagegen an und freut sich sehr, als sie ihre erste Gerste ernten kann.

„Leute! Mein ökologisches Feld ist nicht mickrig! Es gab mir Brot für drei Jahre!“

Wie kann ein Lebensmittelanbau gelingen, wenn die bisherigen Methoden nicht mehr greifen, da die klimatischen Veränderungen zu schnell vor sich gehen? Kann der global nötige ökologische Umbau ohne die mächtige Agrarindustrie stattfinden? Welche Macht steckt hinter der Angst vor dem Hunger? Diese Fragen, die sich ihr im Alltag als Bäuerin aufdrängen, gibt sie mit ihrem Essay an uns weiter.

Sie beschreibt, wie sich ihr städtisch geprägter Blick ändert. „Schönes“ Wetter, dass ihre Freunde in Berlin zum Brunch für Instagram-Fotos herauslockt, bedeutet für sie nun Trockenheit. Doch auf dem Land wird sie von den benachbarten Landwirten weiterhin als Stadtkind betrachtet. Sie müsse als Schriftstellerin von ihrem Öko-Hof ja nicht leben, so deren Vorwurf. Aber sie hört dabei auch Bedauern:

„Für Öko ist es einfach zu spät“, sagte mein Nachbar mit dem Mähdrescher, als er im Juli kam, um meine mickrige gelbe Gerste zu ernten: „Ohne Spritzen und Kunstdünger geht gar nichts mehr.“

Nataša Kramberger plädiert dafür, aus den Trockenheiten, den Stürmen und dem übermäßigen Regen zu lernen und gerade deshalb den ökologischen Weg einzuschlagen. Dafür flicht sie in ihre angenehm wohlwollende Schreibweise immer wieder deutliche Warnungen vor der Zerstörung des menschlichen Lebensraums ein. Am Beispiel des wenig hinterfragten „Verständnis von Landwirtschaft als Industrie“ gibt sie Denkanstöße, die ihr kleines Buch auch so groß machen: Das globale Geschäftsmodell der industriellen Landwirtschaft mit seinen Agrarsubventionssystemen benötigt das Bild einer Natur, die „launisch, böse und schlecht“ ist. Gegen diese Natur muss gekämpft werden, mit allem, was die Pestizidherstellung, Gentechnikentwicklung, Maschinenvielfalt, und so weiter, hergeben bzw. sich bezahlen lassen. (Und wie wir wissen, ist Containern bzw. Lebensmittel retten in Deutschland immer noch strafbar!)

„Die globale Agrarindustrie ist ein milliardenschwerer Zweig, der mit seinen größenwahnsinnigen technologischen Lösungen jedes Jahr riesige Mengen an (unseren gemeinsamen) natürlichen Ressourcen verschlingt, Wasser, Öl, Holz, Mineralien, lebende Organismen und Wirkstoffe, …“

Autorinnen wird schon mal davon abgeraten, über Landwirtschaft zu schreiben: das verkauft sich nicht, wer liest schon gern über diese viele Arbeit und Mühe – und – es ist unsexy ohne Ende. Glücklicherweise hat sich das geändert und „Mauerpfeffer“ ist ein literarisch wunderbar gelungener Essay . Nataša Kramberger diskutiert darin leicht und vielfältig die brisanten Themen rund um unser Essen, Trinken und die globalen Ernährungsfragen.

„Mauerpfeffer“ von Nataša Kramberger. Verbrecher-Verlag, 2023, 128 Seiten. In der Leseprobe könnt ihr einen Blick ins Buch werfen.

Weitere Klimabuch-Tipps findest du in unserer Klimabuchliste.