Bernd Söhleins „Die Natur im Recht. Vision einer ökologischen Rechtsordnung“ hat Anetta Ewa Trojecka gelesen und rezensiert. Seepferdchen im spanischen Mar Menor können aufatmen: Die Salzwasserlagune wurde dank des unermüdlichen Einsatzes der lokalen Zivilgesellschaft im Jahr 2022 per Gesetz als Rechtsperson anerkannt und genießt seitdem besonderen Schutz. Dies markiert einen bedeutenden Schritt, um das massenhafte Fischsterben durch Verschmutzung und Sauerstoffmangel zu verhindern. Bleibt diese Entwicklung ein Einzelfall in Europa? Wie kommt die Natur zu ihren Rechten? Welche Elemente der nichtmenschlichen Natur sollten eigene Rechte erhalten und könnten sich als Rechtspersonen vor Gericht behaupten? Söhnlein beleuchtet diese Fragen detailliert und zeigt auf, warum es wichtig ist, Rechte der Natur auch im Grundgesetz zu verankern – etwa nach dem Vorbild der ecuadorianischen Verfassung von 2008. Söhnlein widerlegt diese Sichtweise als anthropozentrisch, denn die
Inspiriert durch den Rechtswissenschaftler Jens Kerstens und dessen Entwurf zu einem „ökologischen Grundgesetz“ schlägt Söhnlein die Einrichtung eines „ökologischen Senats“ vor, der mit weitreichenden Befugnissen zur Durchsetzung der Naturrechte ausgestattet ist. Zudem zeigt er detailliert auf, wie dieses Gremium zusammengesetzt sein könnte und welche Rolle es spielen würde. Rechte der Natur und die Freiheitsrechte des Menschen Inwieweit lassen sich die Existenz- und Entwicklungsrechte der Natur mit den Freiheitsrechten des Menschen in Einklang bringen? Der Autor zeigt, dass die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen bereits jetzt den individuellen Spielraum drastisch einschränkt:
Selbst der Staat wird immer stärker herausgefordert, „die Polarität zwischen individueller Handlungsfreiheit und Gemeinwohlverpflichtung“auszugleichen – und möglicherweise auch überfordert:
Verantwortungsgemeinschaft für die Natur Könnte eine Reform der Eigentumsordnung, wie sie der Philosoph Thilo Wesche in seinem Buch „Die Rechte der Natur. Vom nachhaltigen Eigentum“ vorschlägt, zu einer friedlichen Koexistenz von Mensch und Natur beitragen? Söhnlein greift Wesches Idee auf, verschiebt jedoch den Schwerpunkt: Für ihn stellen Eigentumsrechte der Natur ein kollektives Rechtsgut dar, das Verfassungsrang verdienen würde. Eine zentrale Botschaft des Buches lautet: Ein Leben im Einklang mit der Natur ist eine Grundsatzentscheidung – vergleichbar mit der Einführung universeller Menschenrechte.
Bei der Bewältigung dieser Aufgabe könnten auch in Deutschland lokale „Verantwortungsgemeinschaften“ unter Beteiligung der Zivilgesellschaft eine zentrale Rolle spielen. Die Volksinitiative zur Rettung von Mar Menor in Spanien und das Engagement indigener Völker für die Rechte der Natur in Ländern wie Ecuador zeigen, wie es gelingen kann. Das Buch „Die Natur im Recht“ empfehle ich politisch interessierten Leserinnen und Lesern und Jura-Studierenden. Vor allem jedoch Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern, die die Zukunft unseres Planeten aufgrund ihrer Verantwortung mitgestalten möchten. |
Bernd Söhnlein, „Die Natur im Recht. Vision einer ökologischen Rechtsordnung“, oekom, 2024, 200 Seiten, ISBN: 978-3-98726-122-0
In der Leseprobe könnt ihr einen Blick ins Buch werfen.
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